Mit LUPAI wurde eine KI-basierte Webanwendung geschaffen, die Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung die selbstständige Information über rechtliche Rahmenbedingungen und administrativen Abläufe im Themenfeld Migration und Arbeit sowie die Vernetzung mit entsprechenden Fachleuten, Organisationen und Initiativen ermöglicht. Darüber hinaus werden Beratungsstellen dabei unterstützt, ihre Arbeit effizienter zu gestalten, mehr Menschen zu erreichen und bessere Dienstleistungen anzubieten.
LUPAI: Intelligente Unterstützung für Bürokratie und Recht

Akkordeon LUPAI
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Unser Ausgangspunkt ist ein Problem, das jeder in Deutschland kennt: Die Bürokratie ist sehr kompliziert! Für Migrant*innen ist es eine noch größere Herausforderung, die eigenen Rechte zu kennen und sich in den Verwaltungsabläufen zurechtzufinden. Aufgrund sprachlicher und kultureller Barrieren wird die Bürokratie für viele zu einem Element der Ausgrenzung.
Wir wollten eine Lösung für dieses Problem finden, die von uns als Betroffenen selbst entwickelt werden sollte. Von denen, die diese Herausforderungen aus erster Hand kennen. Wir wollten das Werkzeug entwickeln, das wir bei unserer Ankunft in Deutschland benötigt hätten.
Wir sind davon überzeugt, dass der einfache Zugang zu Informationen für Menschen mit unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründen ein grundlegendes Element für die Ausübung demokratischer Rechte ist.
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LUPAI geht über die reine Informationsbereitstellung hinaus und fördert die Vernetzung. Nutzer*innen können sich von ihren eigenen Geräten aus nicht nur selbst informieren, sondern auch Netzwerke mit Menschen in ähnlichen Situationen und Organisationen, die Unterstützung anbieten, aufbauen. LUPAI bietet nicht nur Auszüge aus offiziellen Quellen in der eigenen Sprache, sondern verbindet Nutzer*innen auch mit relevanten Organisationen und Fachleuten in ihrer Region. Die Botschaft ist klar: Wir sind nicht allein!
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Durch die Arbeit des Bildungszentrums Lohana Berkins wurden viele Probleme der migrantischen Bevölkerung, die mit dem mangelnden Zugang zu Informationen zusammenhängen, detailliert identifiziert: Nicht zu wissen, welche Art von Visum man beantragen kann; nicht zu kennen, welche Aspekte der Sozialversicherung man in Anspruch nehmen kann; keine Anerkennung von Studien- oder Arbeitserfahrungen aus dem Herkunftsland zu erhalten; nicht zu wissen, unter welchen Bedingungen man als Geflüchtete*r arbeiten darf – um nur einige der zahlreichen Probleme zu nennen. Die Lösung für diese Probleme ist immer Solidarität: die Hilfe von Freund*innen, Kolleg*innen oder engagierten Menschen. Nach vielen Erfahrungen mit diesen Lösungen haben wir beschlossen, einen Schritt weiterzugehen und ein Instrument zu entwickeln, mit dem wir noch mehr Menschen mit noch genaueren Informationen erreichen können. So entstand die Idee zu LUPAI.
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LUPAI ist eine „mobile first“-Webanwendung, die einen kostenlosen und sicheren Zugang zu offiziellen Dokumenten und aktuellen Informationen bietet. KI-Technologien ermöglichen eine intelligente Suche in Dokumenten und Referenzen, ohne dass die Nutzer*innen die spezifische Verwaltungssprache beherrschen müssen. Ein Large Language Model (dt.: großes Sprachmodell) generiert einfache Erklärungen und unterstützt die Formulierung von detaillierten Fragen. Weitere KI-Modelle gewährleisten die Anonymisierung der gestellten Fragen.
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Zwei Organisationen haben sich zusammengeschlossen, um dieses Projekt zu realisieren: das migrantische Bildungszentrum Lohana Berkins des gemeinnützigen Vereins Plan:B e. V. und das Softwareentwicklungs-Start-up aureka. Die beiden Organisationen haben schon lange zusammengearbeitet und aus diesem Austausch heraus entstand die Idee zu LUPAI. Uns verbindet seit langem die Frage nach dem Einsatz von Technologie für den gesellschaftlichen Nutzen und die Herausforderung, skalierbare Lösungen für soziale Probleme zu finden, ohne dabei die menschliche und empathische Komponente zu verlieren. Die Mehrheit des Projektteams hat Migrationserfahrung und die verschiedenen Realitäten prekärer Beschäftigung erlebt. In diesem Projekt arbeiteten wir in sehr enger und täglicher Zusammenarbeit zwischen den beiden Organisationen und hatten ein Netzwerk von Kooperationspartnern, das Beratungsstellen, Rechtsanwälte und öffentliche Behörden einschloss.
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Dank der Unterstützung der Civic Innovation Platform ist LUPAI eine Künstliche Intelligenz, die den Zugang zu Informationen über Migration und Arbeit zuverlässig und benutzerfreundlich erweitert. In Zukunft wollen wir dieses Instrument auf andere Wissensbereiche ausdehnen: das Recht auf angemessenen Wohnraum, den Zugang zur Gesundheitsversorgung, die Rechte von Frauen und queeren Menschen – um nur einige zu nennen.
Gleichzeitig trägt dieses Projekt dazu bei, die Verbindung zwischen Bevölkerung und öffentlicher Verwaltung neu zu denken und zwar aus der Perspektive der (migrantischen) Bürger*innen. Es ist auch ein Weg, Einzelpersonen mit Organisationen, Initiativen, Fachleuten und dem öffentlichen Dienst in einem Netzwerk des Wissensaustausches und der Solidarität zu verbinden. Unsere Vision ist es, demokratische, horizontale und vielfältige Ansätze für den Zugang zu Informationen zu entwickeln, um zu einer offenen und gerechteren Gesellschaft beizutragen, in der Technologie im Dienste der Menschenrechte steht.
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Damit aus einer Idee ein praktisches Projekt im Bereich der gemeinwohlorientierten Technologieentwicklung wird, sollten mehrere Kriterien erfüllt sein. Die Idee sollte einen konkreten Mehrwert für eine Zielgruppe haben, d. h. es muss Menschen geben, deren Leben durch diese verbessert wird. Außerdem sollten die Voraussetzungen (z. B. ein bestimmter Stand der allgemeinen technologischen Entwicklung und die Verfügbarkeit von Daten) vorliegen, um die Idee auch mit begrenzten Ressourcen und in einem überschaubaren Zeitraum umsetzen zu können. Und schließlich, und vielleicht am wichtigsten, muss es eine Gruppe von Menschen geben, die sich die Vision zu eigen macht, die daran glaubt und die aus erster Hand die Probleme oder Herausforderungen kennt, die mit diesem Projekt angegangen werden.
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Ziel von LUPAI ist die Entwicklung eines Dialogsystems zur Beantwortung von Fragen zu den rechtlichen und administrativen Rahmenbedingungen von Migration und Arbeit. Eine der größten Herausforderungen des Projekts war die Erkenntnis, dass es neben den Informationen, die in den verschiedenen Quellen zu finden sind (Gesetze, Beschreibungen von Verwaltungsabläufen auf den Internetseiten der Ministerien und in den von Beratungsstellen erstellten Materialien), viel Wissen gibt, das in keiner Quelle niedergeschrieben ist. Für die Beantwortung vieler Fragen ist das Erfahrungswissen aus der jahrelangen Begleitung und Unterstützung von Menschen auf ihrem Weg von zentraler Bedeutung. Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, haben wir begonnen, mit spezialisierten Beratungsstellen an der Erstellung von Erfahrungsberichten zu arbeiten, die diese Informationen systematisieren und es ermöglichen, bestehende Informationen mit solchen Daten zu ergänzen und für die Anwendung als solche transparent zu kennzeichnen.
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Wir sind mit der Umsetzung des Projektes sehr zufrieden und mussten nicht viel am Projektplan ändern. Rückblickend hätten wir uns mehr persönlichen Austausch gewünscht. Bei einem Projekt wie diesem, das sich stark auf die technische Entwicklung konzentriert, ist es wichtig, in engem Kontakt mit der Community zu bleiben. Wir haben zwei Veranstaltungen und vier Online-Testworkshops durchgeführt, zusätzlich zu den vielen Einzelgesprächen mit Expert*innen, die alle wichtig waren, um die Idee weiterzuentwickeln und das Verständnis zu vertiefen. Dabei haben wir gelernt, dass partizipative Gruppendynamiken es gesellschaftlichen Akteur*innen ermöglichen, sich gemeinwohlorientierte Technologieentwicklung anzueignen und aktiv mitzugestalten.
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Unsere langfristige Vision bleibt in ihren Kernelementen dieselbe wie zu Beginn: LUPAI hat die Mission, den Zugang zu Informationen auf demokratische und horizontale Weise zu verbessern und damit zu einer gerechteren Gesellschaft beizutragen.
Im Laufe des Projekts haben wir erkannt, dass wir mit LUPAI zwar einen wichtigen Beitrag leisten können, indem wir einen innovativen Ansatz für den Einsatz von KI für das Gemeinwohl entwickeln, unsere Vision aber nur dann verwirklicht werden und eine echte Wirkung entfalten kann, wenn wir kontinuierlich mit anderen Organisationen der Zivilgesellschaft zusammenarbeiten.
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Seit Dezember 2024 wird LUPAI erfolgreich von Beta-Tester*innen genutzt und ist seit dem 27. Januar 2025 für alle frei zugänglich. Der nächste Schritt besteht darin, umfassendes Feedback zum Prototyp zu sammeln und die Anwendung gezielt weiterzuentwickeln.
Der Austausch mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zeigt, dass LUPAI auch für andere Themen und die Integration in Plattformen großes Potenzial hat. Daher soll LUPAI auch als API (Application Programming Interface; dt.: Programmierschnittstelle) bereitgestellt werden. Interessierte Organisationen können uns gerne kontaktieren!
Unsere langfristige Vision ist es, LUPAI zu einem vielseitigen Werkzeugkasten für die Zivilgesellschaft weiterzuentwickeln. Damit sollen Organisationen in die Lage versetzt werden, auf einfache und agile Weise maßgeschneiderte Dialogsysteme für ihre individuellen Anwendungsfälle und Bedürfnisse zu erstellen.

Das Team
Cecilia Maas (v. links oben), Lucena Palma, Ryan della Salla, Max Telias, Jan Kühn (mitte links), Anna Schüler, Aquarella Padilla (v. links unten), Valeria Behrend, Lionel Chamorro und Simon Toewe.
Kontakt
- Ansprechperson: Dr. Cecilia Maas
- E-Mail: cecilia.maas[at]aureka.ai
- Telefon: +49 30 39771733
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